55 Seglerinnen und Segler nahmen am 56. Eisarsch des LYC teil. Foto: Dr. Udo Ott

56. Eisarsch-Regatta: Kalter Kult auf der Wakenitz

Erfahrung hat sich gegen junge Frauen-Power durchsetzen können, aber es war knapp bei der Eisarsch-Regatta des Lübecker Yacht-Clubs: Der Hamburger Sven Kruse gewann die 56. Auflage des Lübecker Kult-Events, bei dem erwachsene Seglerinnen und Segler im Kinder-Dinghy Optimist auf den Rennkurs der Wakenitz gehen.

Organisator Jan Stemmler überreichte Sven Kruse bereits zum sechsten mal die Siegertrophäe. Foto: Dr. Udo Ott

Damit trug sich Kruse bereits zum sechsten Mal in die Siegerliste ein, ist der klar Führende der ewigen Bestenliste. Aber erst in der letzten von drei Runden zog der Seriensieger an Linn Welzel vorbei. Die Lübeckerin zählte mit 22 Jahren zu den jüngsten Teilnehmerinnen und bestritt ihre Eisarsch-Premiere. Als erste Verfolgerin vom 25 Jahre älteren Sieger Kruse konnte sie Titelverteidiger Matthias Düwel auf den dritten Platz verweisen.

Fast unbemerkt vom Publikum hatte sich Sven Kruse bei dem Rennen an die Spitze geschlichen. Nach dem Start zunächst auf Platz fünf schob er sich immer weiter nach vorn, nutzte schließlich auch die Chance, als die führende Linn Welzel ihn nicht in die Abwinde nahm, und übernahm die Führung, die er bis zum Zieldurchgang nicht mehr abgab.

„Für mich lief es sehr gut. Ich bin auf der rechten Seite gestartet, ganz gut rausgekommen und habe dann kontinuierlich Boote überholt“, berichtete Kruse, nachdem er das halbe Siegdutzend voll gemacht hatte. Linn Welzel hatte den Verlust des ersten Platzes schnell verkraftet. In Jubelpose fuhr sie Richtung Ziel, schraubte die kleine, vom Veranstalter gestellte Rumflasche auf und fuhr mit einem wärmenden Schluck in der Kehle über die Linie.

Linn Welzel hatte lange geführt, musste sich dann aber knapp geschlagen geben. Foto: Dr. Udo Ott

„Ein mega cooles Event. Das hat richtig Spaß gemacht“, berichtete Welzel, die im Bundesliga-Team des Lübecker Yacht-Club die Position der Steuerfrau inne hat und mit ihrer gesamten Mannschaft die Chance nutzte, um auf die Liga aufmerksam zu machen. „Es waren tolle Bedingungen für die Wakenitz, auch wenn die drei Runden schon sehr lang wurden.“ Die Topplatzierung habe sie selbst überrascht: „Ich war ohne große Erwartungen hierher gekommen. Am Ende ist es natürlich ein bisschen schade, wenn man so lange geführt hat. Leider habe ich einen falschen Winddreher bekommen, als ich Sven habe ziehen lassen.“

Titelverteidiger Matthias Düwel (Hamburg) nahm Platz drei gelassen: „Natürlich möchte man vorn sein, aber Platz drei ist schon okay.“ Er hatte bei dieser Eisarsch-Regatta zum Start die Funktion als Pfadfinder übernommen und damit die Startlinie aufgezogen. Alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten hinter ihm passieren. So hatte er zwar einen knappen Vorsprung vor der Konkurrenz, aber „man ist taktisch gebunden, muss auf die rechte Seite raussegeln und kann nicht auf die anderen reagieren“. Trotzdem habe das Verfahren, mit dem alle Starter gleichmäßig auf den Kurs gebracht werden können, gut geklappt: „Ich hatte etwas Sorge, dass nicht alle damit umgehen können und es chaotisch werden würde. Aber am Ende hatte nur einer etwas geträumt.“

Die Bedingungen spielten den Verantwortlichen um Hauptorganisator Jan Stemmler dabei in die Karten: Der Sturm, der noch vor einer Woche angekündigt worden war, hatte eine andere Zugrichtung eingeschlagen, und selbst die befürchteten Böen waren nicht über die Wakenitz hergefallen. Auch der prognostizierte Dauerregen machte einen Bogen um Lübeck. Die paar Tropfen, die fielen, störten die 11 Seglerinnen und 44 Segler kaum. Allesamt kamen ohne Kenterung über den Kurs – auch wenn sich das hintere Feld von der Spitze überrunden lassen musste.

Jan Stemmler freute sich über den großen Zuspruch für das Event – sowohl auf dem Wasser als auch an Land. „Unter den Teilnehmern gibt es eine große Fangemeinde, die immer wieder gern zu diesem Event kommt. Die Atmosphäre ist entsprechend familiär, und unsere Eisarsch-Band sorgt für Stimmung. Für die Zuschauer ist es spannend, das Rennen zu verfolgen – auch wenn es heute nicht ganz einfach war, da die Spitze das hintere Feld überrundet hatte. Aber die Bedingungen waren bestens, für das leibliche Wohl war gesorgt, so dass alle zufrieden nach Hause fahren konnten.“

Nicht nur auf dem Kurs war vom ehemaligen Opti-WM-Teilnehmer über Bundesliga-Akteure bis hin zu Atlantik-Seglern höchste Kompetenz vertreten, auch am Ufer beobachtete große Expertise das Geschehen. Der ehemalige Starboot-Weltmeister und zweimalige Olympia-Teilnehmer Alexander Hagen war als Zuschauer dabei, bereute es, wegen einer Hüft-OP vor drei Wochen nicht selbst in das Geschehen eingreifen zu können.

Als Gast an Land war Eisarsch-Mitbegründer Charly Brüser vertreten. Foto: ra

Und mit 92 Jahren war auch Charly Brüser als Gast vertreten. Der ehemalige Trainer und Sekretär des Lübecker Yacht-Clubs hatte vor 56 Jahren den Eisarsch ins Leben gerufen. „Es hat damals mit einer kleinen Clubregatta begonnen, da wir die Boote noch nicht ins Winterlager packen wollten. Das hat dann schnell weite Kreise gezogen und auch Nachahmer gefunden. Aber wir waren wohl die ersten, die diesen Blödsinn gemacht haben.“

Zur Siegerehrung gab es dann nicht nur eigenwillige Trophäen für die Sieger, sondern viel Marzipan und auch Sonderpreise für besondere Leistungen. So durfte sich Linn Welzel nicht nur über den Preis als beste Frau, sondern auch den Gewinn der Club-Team-Wertung mit ihren LYC-Clubkameraden Thomas Esch (4. Platz) und Peter Melloh (11.) freuen. Die Familienwertung gewann das Vater-Sohn-Gespann Thomas Schulz (7.) und Florian Schulz (6.) aus Bad Segeberg.

TW-Sportdirektor Jens Kath sorgte für das höchste Startgeld. Foto: Dr. Udo Ott

Sieger Kruse wurde auch noch als bester Auswärtiger geehrt, der drittplatzierte Matthias Düwel gewann die Ü50-Wertung. Den Preis für den besten Holzopti nahm Thomas Giera (Lübeck) entgegen. Die weiteste Anreise hatte Uli Mattig aus Potsdam auf sich genommen. Und für das höchste Startgeld, das nach Körpergewicht berechnet wird, sorgte der Sportdirektor der Travemünder Woche, Jens Kath.