Medaillenflut auf der Kieler Förde
Die Segelnationalmannschaft hat ihr Heimspiel bei der Kieler Woche zum Sportfest gemacht. In acht olympischen Disziplinen holten die Athletinnen und Athleten vom German Sailing Team drei Siege, vier zweite und zwei dritte Plätze. Einen großen Anteil an der Medaillenflut hatten auch die Atleten aus dem Segler-Verband Schleswig-Holstein.
Zum Finale der olympischen Disziplinen gab es auf der Förde für die Medaillenrennen mit schönen Winden um 14 bis 17 Knoten ein Abschiedsgeschenk für die Aktiven. Die frischen Winde bescherte dem packenden Showdown im 470er-Mixed beste Bedingungen. Einmal mehr war die aktuell stärkste Trainingsgruppe der 470er-Welt gefordert. Im Kampf um den Kieler-Woche-Sieg konnten sich die Vize-Europameister Simon Diesch/Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) vor Theres Dahnke/Matti Cipra (Plauer Wassersportverein) und den knapp geschlagenen Titelverteidigern Malte und Anastasiya Winkel (Schweriner Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) durchsetzen. Die amtierenden Weltmeister Luise Wanser/Philipp Autenrieth wurden Vierte. Anna Markfort lachte nach dem Finale glücklich und sagte: „Ihr habt heute Spannung gewollt. Wir haben sie Euch geboten!“
Im neu-olympischen iQFoil setzte sich nach brillantem Auftakt, verpatztem Mittelteil und souveränem Schlussspurt Sebastian Kördel vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) durch. Der amtierende Windsurf-Weltmeister ließ am Mittwoch keinen Zweifel an seinem Top-Favoritenstatus. „Es war so schön, windig und schnell“, freute sich der 32-Jährige nach dem Finalrennen. Mit seinem zweiten Kieler-Woche-Sieg gewann „Basti“ Kördel auch die Deutsche Meisterschaft. Im kleinen Feld der iQFoil-Windsurferinnen wurde Theresa Marie Steinlein (NRV) Zweite hinter der Dänin Lærke Buhl-Hansen und vor der Brasilianerin Giovanna Prada.
Im Nacra 17 versöhnten sich Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club) mit dem Sieg im Medaillenrennen und Gesamtplatz zwei ein wenig mit ihrer nicht ganz glücklichen Leichtwindserie. „Wir sind nach wie vor nicht ganz zufrieden, aber wir haben noch ein Jahr Zeit und fühlen uns insgesamt auf gutem Kurs“, sagte Paul Kohlhoff vor den noch anstehenden Jahreshöhepunkten.
In der olympischen Einhandjolle ILCA 7 sorgte Justin Barth vom Berliner Yacht-Club mit seinem dritten Platz ebenso für eine positive Überraschung wie der erst 18 Jahre alte Kieler Ole Schweckendiek (Kieler Yacht-Club) mit Platz fünf in seinem ersten vollen Segeljahr bei den Olympioniken. Nik Aaron Willim (Norddeutscher Regatta Verein) segelte bei der Kieler Woche auf Platz acht. Der 26-Jährige vertritt Deutschland bei der olympischen Testregatta vor Marseille. Im ILCA 6 erkämpfte Julia Büsselberg vom Verein Seglerhaus am Wannsee als Sechste das beste deutsche Ergebnis. Pia Kuhlmann vom Schaumburg-Lippischen Seglerverein wurde Neunte.
Über ihren ersten Kieler-Woche-Sieg jubelten Marla Bergmann und Hanna Wille vom Mühlenberger Segel-Club im Olympia-Skiff der Frauen. Das deutsche 49erFX-Duo hat sich seit Platz elf bei der Kieler Woche 2022 enorm gesteigert und sich für die olympische Testregatta in Marseille und die Weltmeisterschaft aller olympischen Disziplinen im August in Den Haag viel vorgenommen. Steuerfrau Marla Bergmann sagte: „Es war sicher nicht ideal, mit einem Frühstart in die Kieler Woche einzusteigen. Wir mussten danach etwas zurückhaltender agieren. Im Finale haben wir uns dann für ‚all in‘ entschieden, sind volles Risiko gegangen und hatten den besten Start.“ Nur einen Platz hinter Bergmann/Wille beendeten Maru Scheel und Freya Feilcke vom Kieler Yacht-Club die Kieler Woche. Die gute Zusammenarbeit unter den deutschen 49erFX-Crews hob Hanna Wille hervor: „Wenn wir das Nationenticket für Olympia 2024 lösen wollen, müssen wir zusammenarbeiten, und das funktioniert auch sehr gut.“
Im 49er konnten Fabian Rieger/Tom Heinrich (Verein Seglerhaus am Wannsee/Kieler Yacht-Club) mit Platz sechs das beste deutsche Resultat erzielen. Als 49er-Vorschoter von Tim Fischer hatte Fabian Rieger 2018 in Aarhus schon WM-Bronze gewonnen. Als sein Steuermann die olympische Karriere beendete, übernahm Rieger die Pinnte selbst und startete mit Tom Heinrich eine neue Olympia-Kampagne. Jetzt konnte das Duo die ersten Früchte der Zusammenarbeit ernten. Siebte wurden auf der Kieler Förde Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger vom Bayerischen Yacht-Club.
Das German Sailing Team nutzte die weltgrößte Segelserie nicht nur zur Sportgala vor großem Publikum, sondern auch zum Intensivtraining für die bevorstehenden Saisonhöhepunkte: die olympische Testregatta vom 7. bis 16. Juli in Marseille und die Weltmeisterschaft aller zehn olympischen Segeldisziplinen vom 8. bis 20. August in Den Haag.
„Für beide Saisonhöhepunkte sind wir stark aufgestellt. Wir entwickeln uns auch als Team sehr gut, was ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Gesamtleistung ist. Dazu hat das Miteinander im Kieler Heimathafen sehr positiv beigetragen“, zog DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner im Olympiazentrum Bilanz der ersten olympischen Halbzeit der 129. Kieler Woche.
Vom beflügelnden Miteinander im German Sailing Team berichtete auch DSV-Präsidentin Mona Küppers, die zur Kieler Woche bei der Nationalmannschaft war: „Wir haben aktuell ein richtig starkes Team, in dem auch die nächste Generation schon auffällig erfolgreich mit den Hufen scharrt. Nehmen wir die international führende deutsche 470er-Trainingsgruppe als vorbildliches Beispiel. Normalerweise dauern Matching-Prozesse in einer neuen olympischen Disziplin länger. Hier wurde und wird Imposantes auf Weltniveau geleistet. Und dieser Esprit schwappt auch auf andere im German Sailing Team über.“