Meister sind Meeresretter
Die herbstliche Ehrung der erfolgreichsten Seglerinnen und Segler aus Schleswig-Holstein hat Tradition beim Segler-Verband Schleswig-Holstein (SVSH). Doch in diesem Jahr hatte die Feierstunde mit den Meisterinnen und Meistern auf deutscher und internationaler Ebene noch weitere Aspekte.
Denn statt die gewohnten Pokale für ihre Titelgewinne in Empfang zu nehmen, wurden die Erfolgscrews zu Unterstützern des Meeresschutzes. Der SVSH hat die eingesparten Ausgaben für die Trophäen zu einer Spende an die Deutsche Stiftung Meeresschutz zusammengefasst. 1000 Euro können so an die Organisation überwiesen werden, die sich dem UN-Nachhaltigkeitsziel „Leben unter Wasser“ verschrieben hat und auch Projekte in Schleswig-Holstein fördert.
Ein Kämpfer für die gute Sache ist auch Dr. Thorsten Schmidt. Der Mediziner setzt sich in dem von ihm gegründeten Kieler Instituts für Trainingstherapie dafür ein, dass Erkrankte durch Sport ihre Lebensqualität steigern. Für sein ehrenamtliches Engagement im Rehasport erhielt er auf Vorschlag des SVSH die Verdienstnadel des Landessportverbandes Schleswig-Holstein und wurde im Rahmen der Meisterehrung ausgezeichnet. Die Laudatio für Thorsten Schmidt hielt Thomas Behr, Geschäftsführer Leistungssport im Landessportverband SH.
Dass der Segelsport ein zentrales Element in Schleswig-Holstein ist, das machte Tobias Berger im Rahmen der Ehrung deutlich. Der Amtsleiter aus dem Innenministerium SH kam als Vertreter der Landesregierung und betonte das große Engagement des Landes und der Stadt Kiel für eine Olympiabewerbung 2036 oder 2040. Die Anlagen in Schilksee seien mit einer entsprechenden Auffrischung wie geschaffen für eine erneute Austragung Olympischer Spiele. Und mit Blick auf eine Austragung in 12 oder 16 Jahren könnten Kinder von heute dann genau im richtigen Alter für eine Teilnahme auf dem Heimatrevier sein.
Der SVSH-Vorsitzende Jan-Dirk Tenge freute sich, dass die Landesregierung zur Ehrung der Meisterinnen und Meister des SVSH vertreten war, und verwies auf eine gute Zusammenarbeit des Verbandes mit der Politik. „Bei der Diskussion um die Einrichtung eines Nationalparks Ostsee hat man erlebt, dass die Politik auf die Befürchtungen aus der Bevölkerung hört. So ist es gelungen, aus diesen Ambitionen, die eine deutliche Einschränkung des Sports bedeutet hätten, nun zu einem Konzept zu finden, das sowohl Meeresschutz als auch Sport möglich macht.“ Wie ernst es die Segelnden mit dem Schutz ihrer Sportstätten meinen, werde auch in der Spende für die Deutsche Stiftung Meeresschutz deutlich.
Den Mittelpunkt des Abends nahmen dann aber die erfolgreichen Seglerinnen und Segler ein, die nicht nur ihre Ehrung entgegennahmen, sondern in kurzen Interviews auch von ihren erfolgreichen Meisterschaften berichteten.
Für die Katamaran-Segler Lukas Riepe und Mats Taube kam der Gewinn der Jugend-Europameisterschaft der Hobie 16 durchaus überraschend. Denn eigentlich bilden die beiden aus Surendorf kein gemeinsames Team. Doch für die EM am Gardasee hatten sie zusammengefunden und profitierten als vergleichsweise schweres Team vom starken Wind und holten sich schließlich das Gold. Zur Ehrung war indes nur Mats Taube anwesend. Während er aktuell eine Bootsbau-Lehre absolviert, ist Lukas Riepe nach Abschluss der Schule auf Reisen gegangen.
Von Schnelligkeit ist das Sportlerleben von Emilian Hegerfeldt geprägt. Mit gerade einmal 16 Jahren gewann er die Deutsche Meisterschaft im Strandsegeln der Miniyachten – damit er der jüngste Titelträger in dieser Disziplin. Im Regattasport ist er erst seit zwei Jahren aktiv, doch mit seinen Eltern, die ebenfalls Strandsegler sind, ist er auf den rasanten Segelmobilen schon unterwegs, seit er sechs Jahre alt war. Auf Röm in Dänemark und vor St. Peter Ording, wo er nun den Titel gewann, findet er beste Bedingungen vor, um das Gefährt auf bis zu 80 km/h zu beschleunigen.
Während die jungen Kat- und Strandsegler zum ersten Mal bei der Ehrung vertreten waren, sind die Kieler Folkeboot-Segler Ulf Kipcke und Gero Martens schon Stammgäste bei der Feierstunde. Doch die Abonnement-Titelträger auf deutscher und internationaler Ebene haben mit Geros Ehefrau Kathrin Martens eine neue Mittelfrau an Bord. Nach dem Eingewöhnen in der Crew beim Goldcup in Schweden (Platz acht) fand das neugebildete Trio ohne viel Training zur Deutschen Meisterschaft auf dem Wannsee in Berlin die richtige Spur und segelte durch den Sieg in der letzten Wettfahrt noch von Platz vier zum Titel.
Ebenfalls erst seit diesem Jahr sitzen Nick Heuwinkel und Jesper Spehr gemeinsam in einem Boot. Als Neueinsteiger in das Starboot brachte Heuwinkel seine Erfahrung als ehemaliger Laser- und Dickschiffsegler ein. Jesper Spehr, als sein Partner an der Vorschot, weiß mit schon zehn Jahren auf dem Star das Boot schnell zu machen. Und so punkteten die Kieler bei der Deutschen Meisterschaft im Rahmen der Travemünder Woche mit Top-Ergebnissen, schwangen sich gleich zu Platz eins auf und verteidigten die Position bis zum letzten Rennen erfolgreich. Für das kommenden Jahr haben sie große Pläne, wollen bei der WM in der U30-Wertung die Spitzenposition erklimmen.
In den olympischen Klassen ist Ole Schweckendiek seit Jahren eine Bank für Titelgewinne. Europa- und Weltmeistertitel konnte der Kieler Ilca-Segler in den vergangenen Jahren bereits zur Ehrung des SVSH feiern, nun war es der Gewinn bei der Deutschen Juniorenmeisterschaft. Als Zweiter der Deutschen Meisterschaft der Erwachsenen sowie dem Gewinn der EM-Silbermedaille in der U21 sowie Platz sechs bei der U21-WM hat das hoffnungsvolle Talent noch weitere Top-Ergebnisse in 2024 eingefahren. Der Sportsoldat blickt nun bereits auf 2028. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen vor Los Angeles sind das Ziel.
Große Ambitionen und Top-Ergebnisse können auch drei Kieler Skiff-Teams vorweisen. Die Brüder Per-Christoffer und Carl-Frederick Schwall haben gerade erst zu diesem Jahr den Umstieg vom Jugendboot 29er in den 49erFX gewagt. Obwohl sie dafür ein relatives geringes Crewgewicht mitbringen, gelang ihnen doch der große Coup auf dem Lake Lipno in Tschechien. Die leichten Winde auf dem Stausee spielten ihnen in die Karten und führte sie zum Jugend-EM-Titel. Inzwischen ist der 49erFX, als Zwischenstation für den olympischen 49er, bereits wieder Geschichte. Seit wenigen Wochen segeln sie mit dem großen Rigg, werden in Zukunft noch weitere 20 Kilogramm Crewgewicht zulegen müssen, um dann mit den Männern zu konkurrieren.
Bei den nun anstehenden Trainingslagern im portugiesischen Vilamoura werden sie auch auf Simon Heindl/Conrad Jacobs treffen. Die beiden Clubkollegen sind bereits in der Weltspitze der Junioren angekommen. Bei der WM in Galizien/Spanien kamen die ehemaligen Schüler des Kieler Sportinternats, die erst hier zu einem Team zusammengefunden haben, zwar schwer in Tritt, steigerten sich dann aber kontinuierlich und landeten schließlich auf Rang drei. In der U21-Wertung bedeutete das: Gold! Nun wollen sich Heindl/Jacobs auch in der Elitegruppe der Erwachsenen etablieren.
Zum zweiten Mal in Folge Gold gab es für Anna Barth/Emma Kohlhoff in der U21-Wertung der Junioren-WM. Während Anna Barth aktuell noch in Dubai weilte, wo sie mit dem SailGP Team Germany in den Profi-Circuit des Segelsports eingestiegen ist, nahm Emma Kohlhoff die Ehrung in Kiel entgegen. Die Schülerin berichtete, dass sie lange gar nicht unbedingt mit dem Regattasport geliebäugelt hatte. Doch eine gemeinsame mit ihrem Bruder Paul, dem Olympia-Bronzemedaillengewinner von 2021, zündete bei ihr das Feuer. Und als ihre Partnerin verletzt war und auch Anna Barth nach einen Ersatz Ausschau hielt, taten sich die beiden zusammen und stiegen schnell zu einem Erfolgsduo auf, das in den kommenden Jahren in den Kampf um eine Olympiaticket im 49erFX der Frauen eingreifen kann.