Die DSV-Spitze mit Präsidentin Mona Küppers (links) und Vize-Präsident Dirk Ramhorst (rechts) stellte in den eigenen Räumen ihre Olympiamannschaft vor, hier mit Anna Markfort (470er, 2. v. r.), Sebastian Kördel (iQFOiL, 3. v. r.), Jannis Maus (Formula Kite, 4. v. r.), Leonie Meyer (Formula Kite, 3. v. l.) und Simon Diesch (470er, 2. v. l.). Foto: Christian Beeck

Olympische Gedanken auf der Kieler Woche

Wenn DOSB-Präsident Thomas Weikert Kiel als herausragendes Segelrevier lobt, Oberbürgermeister Ulf Kämpfer das als Trumpf-As einer deutschen Olympiabewerbung für 2036 oder 40 sieht und BMI-Staatssekretärin Juliane Seifert die Impulse einer Kampagne für eine effizientere Spitzensportförderung nutzen will, ist Segelfrühstück der Vereinigung Schleswig-Holsteinischer Sportjournalisten (VSHS) bei der Kieler Woche. Aber erstmal beginnen die nächsten Olympische Spiele in nur einem Monat in Paris/Frankreich mit den Segelwettbewerben in Marseille; und die deutschen, gestern aktuell vom DOSB Nominierten waren auch alle da. Elf Aktive in acht Disziplinen stellte die DSV-Präsidiumsspitze vor, vom Geheimtipp bis zum Mitfavoriten.

„Das ist ein junges Team, topvorbereitet und hochmotiviert mit großem Potential zu überzeugen, am liebsten mit Edelmetall“, schwärmten DSV-Präsidentin Mona Küppers und Vizepräsident Dirk Ramhorst unisono. Das Aufgebot reicht von der 22-jährigen iQFOiL-Surferin Theresa Steinlein bis zur ILCA-7-Medaillenhoffnung Philipp Buhl, der zum dritten Mal dabei sein wird. Küppers und Ramhorst hoben bei der Präsentation heraus, dass Deutschland als eine von nur drei Nationen überhaupt Startplätze in allen zehn Segeldisziplinen gesichert habe. Nur in den Klassen 49er (Männer) und ILCA 6 (Frauen) stehen aufgrund knapp verpasster Olympianorm noch Einzelanträge zur DOSB-Entscheidung Anfang Juli an.

Das 49erFX-Überraschungsteam Marla Bergmann und Hanna Wille strahlte in Kiel noch genauso wie vor drei Monaten, als es im allerletzten Moment beim Last-Chance-Event in Hyères/Südfrankreich die Olympia-Fahrkarte löste. „Wir sind seitdem nonstop in den Vorbereitungen, denn wir hatten uns ja lange Zeit erst 2028 in Los Angeles als Ziel gesetzt“, so die Steuerfrau. Ihr neues Skiff tauften sie beim heimischen Mühlenberger SC auf den Namen „Merci“ und drücken damit aus, wie viel Unterstützung durch Freunde und Familie, Verein und Verband, aber auch Sponsoren nötig ist, um bei der Weltspitze anzuklopfen.

Spitzengespräch beim Segelfrühstück der Vereinigung Schleswig-Holsteinischer Sportjournalisten mit (von links) deren Vorsitzenden und Moderator Gerhard Müller, Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, DOSB-Präsident Thomas Weikert und BMI-Staatssekretärin Juliane Seifert. Foto: Sascha Klahn

 

Von Ex-Weltmeister Buhl, Aktivensprecher der Nationalmannschaft, kam für alle Novizen der vielleicht wichtigste, wie schwierigste Schlüsseltipp zum Erfolg auf dem Olymp: „Es wird die Regatta eures Lebens. Alles ist besonders, aufregend, anspruchsvoll, bis ins kleinste Detail durchorganisiert, und die ganze Segelwelt schaut auf euch. Aber denkt einfach, es seien ganz normale Wettfahrten, und macht nur das, was ihr ja könnt, gut segeln wie immer, und bloß nichts Besonderes wollen. Das nämlich geht schief.“

Der Sonthofener Sportsoldat mit Wahlheimat Kiel weiß, wovon er spricht. Bei seiner Olympiapremiere 2016 in Rio ging viel schief. Das Medaillenrennen der Top Ten verpasste Buhl. In Japan war der heute 34-Jährige dicht dran am Podium. Jetzt beginnt sein Gipfelsturm am 1. August. Den letzten Schliff gab ein Coaching mit dem detailverliebten ILCA-Guru Robert Scheidt aus Brasilien. „Das hat mir eine Menge Sicherheit gegeben, aber zwei bis drei Prozent seiner Ratschläge waren wirklich neu.“ Bei der Generalprobe auf der Kieler Woche ging Buhl als Vierter punkgleich mit seinem drittplatzierten Sparringspartner Hermann Tomasgaard ins Finale, also denkbar dicht dran am Podium. Am Ende holte er hauchdünn „Silber“ – welch ein Omen!?!

Den gleichen Erfahrungsschatz, aber schon eine Bronzemedaille um den Hals hat der Kieler Nacra-17-Steuermann Paul Kohlhoff. An seinem 29. Geburtstag (26. Juni) feierte ihn die versammelte Prominenz mit einem Ständchen und fragte nach der Farbe der nächsten Medaille. „Das wäre zu schön, wenn das so einfach wäre“, so Kohlhoff, „aber die Klasse hat sich technisch durch die Foils so stark verändert, dass wir nie auslernen. Das internationale Niveau ist nochmal enorm angestiegen. Aber wir müssen vor allem cool bleiben, wenn es heiß wird.“

Aus Medaillenhoffnungen werden schnell Erwartungen. Deshalb wollte der DOSB-Boss keinen unnötigen Druck aufbauen für die Aktiven. „Drei Segelmedaillen waren es in Enoshima. Wenn Deutschland erneut so viele holt, wäre es beileibe kein Misserfolg“, stapelte Weikert wiederum auch nicht tief. Größte Hoffnungen habe er unter anderen im Kanusport sowie in den klassischen Mannschaftssportarten Basketball und Handball der Männer und bei den Fußballfrauen. Die Teams sorgten auch immer für gute Stimmung im Olympischen Dorf. Weikert: „Riesig wäre, wenn wir uns im Nationenranking von Rang neun in Japan etwas verbessern.“

Überraschungsgeburtstagskuchen für Paul Kohlhoff mit DSV-Präsidentin Mona Küppers. Foto: Christian Beeck

 

Um die Zukunft des Spitzensports streiten sie, der DOSB und das BMI, heißt es. Ein neues Fördergesetz scheint jedenfalls noch nicht ausgereift. „Es muss effizienter und transpatenter werden“, forderte die Staatsekretärin, „aber wir sind in konstruktiven Gesprächen und auf einem guten Weg.“ Auch in punkto öffentlicher Zuschüsse für Sportgroßevents redete Juliane Seifert Klartext. „Mit 1,8 Millionen Euro pro Jahr hat das Grenzen, aber die vergangenen Special Olympics in Berlin und die World University Games 2025 im Ruhrgebiet wurden und werden vom Bund maßgeblich unterstützt. Das sind großartige Highlights, bei denen es uns auch sehr stark auf Nachhaltigkeit ankommt.“

In punkto Kieler Woche verwies die gebürtige Kielerin mit Segelschein und vormals eigenem Boot in Berlin auf die „föderale Struktur der öffentlichen Hand“ in Deutschland. Der Support durch Stadt und Land ist auch für die Regatta in Schilksee elementar. Für Ulf Kämpfer ein Heimspiel immer Ende Juni, will der Verwaltungschef der Landeshauptstadt unbedingt die Olympische Flamme in Schilksee wieder entzünden. „Deutschland hätte es endlich mal wieder verdient, die Spiele auszurichten“, so Kämpfer – natürlich mit Segeln auf der Kieler Bucht.

Seine Hoffnung sei groß, aber Kiel werde sich nicht auf der Vergangenheit ausruhen. Aus einer Olympiakampagne war das Segelcamp an der Kiellinie hervorgegangen, in dem alle Kinder und Jugendlichen aus Kiel und Umgebung kostenlos segeln lernen können. Ulf Kämpfer: „Wir sind olympia-begeistert und haben großen Respekt vor anderen benachbarten Revieren, die das sicher auch könnten. Aber wir müssen und werden zeigen, dass wir das besser können. Der Segelstandort Kiel mit der Kieler Woche als Aushängeschild wäre ein hoher Trumpf einer deutschen Bewerbung.“

Die deutschen Farben in Marseille/Frankreich vertreten:

  • ILCA 7
    Philipp Buhl (Sonthofen, NRV Hamburg)
  • iQFOiL Frauen
    Theresa Steinlein (Walchstadt am Wörthsee, NRV Hamburg)
  • iQFOiL Männer
    Sebastian Kördel (Hamburg, NRV)
  • Formula Kite Frauen
    Leonie Meyer (Kiel, NRV Hamburg)
  • Formula Kite Männer
    Jannis Maus (Oldenburg, Cuxkiters)
  • 49erFX
    Marla Bergmann/Hanna Wille (Kiel, Mühlenberger Segel-Club aus Hamburg)
  • 470er
    Simon Diesch/Anna Markfort (Deggenhausertal/Kiel, Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee)
  • Nacra 17
    Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer (Kiel/Altenholz, Kieler Yacht-Club).