Start-Spektakel beim 29. Sterling-Cup

Sie zählten unbestritten beide zu den Favoriten des Segel-Events: Die 12er „Nini Anker“ und „Jenetta“. Die Teams dieser beiden klassischen Yachten hatten sich bereits im dem Sterling Cup traditionell vorgelagerten Segelevent in der Dyvig ein anspruchsvolles Match geliefert. Christoph Avenarius‘ „Nini Anker“ entschied das Kräftemessen in der Dyvig für sich.

Am vierten Tag des Sterling Cups lagen dann beide Boote nach sieben Wettfahrten punktgleich auf einem der vorderen Plätze. Der Sonntag sollte entscheidend sein. Das achtköpfige Wettfahrtteam auf dem Startschiff „Alpha Tauri“ sah unter anderem auch deswegen dem letzten Segeltag gespannt entgegen. Keiner ahnte, dass sie alle schon morgens inmitten einer Kollision sein würden. „Wir hatten gerade alles für den Start vorbereitet, und die 28 Boote waren nach und nach zum Check-In am Heck der ‚Alpha Tauri‘ vorbei geglitten, um ihre Teilnahme für diesen Tag zu bestätigen“, erzählt Andreas Knospe, internationaler Wettfahrtleiter und Teil der Sterling-Cup-Startschiff-Crew. Der erste Start habe sich gerade in der Annährungsphase befunden. Von den gewissenhaft befestigten drei Startflaggen für die drei teilnehmenden Bootsklassen, 12er, Drachen und 5.5 sei gerade die 12er Flagge als Zeichen für den ersten Start gezogen worden, als es passierte. Um möglichst knapp über die Startlinie zu kommen und so den Raum für den Kontrahenten zu verringern, zogen „Nini Anker“ und „Jenetta“ auf Kurs. Dicht beieinander. Sie kamen der ankernden „Alpha Tauri“ dadurch so nah, dass keiner ausweichen konnte.

Wir sahen wie beide Schiffe aufeinander zu fuhren und auch, dass nicht beide neben uns passen konnten. Dann schaukelte die ‚Alpha Tauri‘ einmal kräftig und alle riefen zur Vorsicht“, berichtet Claus Otto Hansen, verantwortlicher Wettfahrtleiter des Gastgebervereins Flensburger Segel-Club. Dann habe es ordentlich geknarzt, danach sei es ganz leise geworden. „Wenn so schöne Boote beschädigt werden, trübt das auch bei Sonnenschein die Stimmung. Wir sind allerdings sehr froh, dass ansonsten keinem etwas passiert ist. Es gab keine Personenschäden und die ‚Alpha Tauri‘ ist so robust, sie hat nur Kratzer an der Scheuerleiste“, berichtet Dr. Rüdiger Schuchardt aus Essen. Er ist seit 20 Jahren internationaler Schiedsrichter und seit 18 Jahren auf der Kieler Woche. Seinen Urlaub verbringt er mit seiner Partnerin zum großen Teil auf Regatten. Das Startschiff zum Sterling Cup steuert er schon seit Jahren und kennt sich mit dem fast 60 Jahre alten ‚Alpha Tauri‘ gut aus.

Deswegen ging es auch trotz kurzer Verwunderung bei der Startschiff-Crew sofort konzentriert weiter. „So eine Kollision passiert nicht häufig, aber die verbliebenen Schiffe haben vollste Aufmerksamkeit verdient“, findet Schuchardt. Es folgen Abstimmungen per Funk mit dem Jury Boot, das in diesem Jahr Lori Lowe als Schiedsrichterin auf der Bahn fährt. Jori Lowe ist Juristin im Ruhestand und leidenschaftliche Seglerin. Weil es in ihrem heimatlichen Segelrevier auf den Bahamas nicht genug internationale Wettfahrtleiter gab, hat sie sich vor vier Jahren selbst dazu entschlossen. In diesem Jahr war sie zum ersten Mal in der Flensburger Förde aktiv, bevor es zur Kieler Woche weiter geht. „Die Förde ist ein enorm starkes Regattarevier, es bietet abwechslungsreiche Windverhältnisse, die viele verschiedene Taktiken fordern“, resümiert Lowe, die jedes Jahr bis zu zehn Regatten, üblicherweise in den USA, als Jury begleitet.

Um 13 Uhr waren alle wieder im Hafen, und jede Bootsklasse hatte zwei jeweils 45 Minuten lange Wettfahrten gesegelt. Das ist kürzer als Regatten noch vor fünf Jahren waren. „Wir haben entsprechend der World Sailing Organisation die Regatta-Strecken verkürzt, weil sich das Feld nicht über einen langen Zeitraum auseinanderziehen soll“, so Andreas Knopse. Es ginge mittlerweile mehr um sportlichen Wettkampf und taktische Überlegenheit als um einen langen Atem „Die Einstellung zum Regattasegeln hat sich geändert“, so Knospe.

Zur Siegerehrung wirkte Initiator Oliver Berking erleichtert und zufrieden. „Wir durften bei schönen Winden tolle Wettfahrten erleben, das wünsche ich uns auch für nächstes Jahr!“, betonte Berking. 2024 werde der Sterling Cup zum dreißigsten Mal ausgetragen und mit Glück erhalte Glücksburg passend dazu den Zuschlag für die Austragung der 5.5er Europameisterschaft.

Bei den 12ern durfte sich das Team der schwedischen „Northern Light“ von Eigner Magnus Holmberg über den ersten Platz freuen und die „Nini Anker“ schaffte es mit den Ausgleichspunkten für die Kollision trotzdem auf Platz zwei. Den dritten Platz erreichte die dänische „VIM“ von Patrick Howaldt vom Kongelig Dansk Yachtklub und die „Jenetta“ musste ohne Silberpokal nach Hause fahren.

Stärkstes Drachen-Team war die „Chaton“ von Christian Hemmerich, gefolgt vom Team „Samtkragen“ und Team „Amigo“. Bei den 5.5er Yachten gewann über alles der Grieche Stavros Papagiannopoulos. Er nahm zum ersten Mal mit eigenem Boot am Sterling Cup teil. „Beim letzten Sterling Cup haben wir uns einen 5.5er gechartert, um Boot und Revier zu testen. Es hat uns so gut gefallen, dass wir in diesem Jahr mit eigenem Boot wieder gekommen sind“, kommentiert Papagiannopoulos. Seine „Melx III“ wird er nun in der Schweiz lagern und von dort aus weiter Regatten besuchen. Er hofft, dass Berkings Wunsch in Erfüllung geht und 2024 zum 30-jährigen Jubiläum des Sterling Cups auch die Europameisterschaft der 5.5er an der Flensburger Förde ausgetragen wird. „Ich werde auf jeden Fall dafür abstimmen!“, ergänzt der Grieche. Auf den zweiten Platz kam die „Ali Baba“ von Wolf Eberhard Richter, und den dritten Platz sicherte sich in seinem Heimatrevier Hans Köster mit der „Singora“. In der Devision der Evolution-Yachten war es für Köster sogar der erste Platz.

Der Vize-Vorsitzende des SVSH mit dem Fachbereich Umwelt, Hans Köster segelte mit der „Singora“-Crew bei den 5.5ern auf Rang drei. Foto: Ingvild Buchholz
Der Vize-Vorsitzende des SVSH mit dem Fachbereich Umwelt, Hans Köster, segelte mit der „Singora“-Crew bei den 5.5ern auf Rang drei insgesamt und zum Sieg bei den Evolution-Yachten. Foto: Ingvild Buchholz