Susann Beucke: Hochseesegeln ist auch Frauensache
Es ist ein langer und anstrengender Weg zum professionellen Hochseesegeln – selbst für eine erfahrene Seglerin und Olympia-Medaillengewinnerin wie Susann (Sanni) Beucke. Bereits kurz nach dem Gewinn der Silbermedaille im 49erFX in Japan entschied sich Beucke (Strande/NRV) für einen Umstieg vom Skiff ins Offshore-Segeln. Ihre Partnerin im 49erFX, Tina Lutz (Chiemsee Yacht-Club), ließ sich mit ihrer Entscheidung, was nach dem olympischen Segeln folgen sollte, etwas Zeit, doch als das Frauen AC-Team Germany rief, konnte die erfolgreiche Bayerin nicht ablehnen. Mittlerweile zeigen die beiden Vollblutseglerinnen, dass Offshore-Segeln und America‘s Cup durchaus auch Frauensache ist.
Beucke und Lutz lernten sich bei einer Pressekonferenz zur Kieler Woche kennen und schätzen und stiegen im März 2007 zusammen in ein Boot – erst in den 420er, dann in den 29er. Schließlich folgte der Wechsel in den olympischen Skiff 49erFX. 2017 wurden sie auf ihrem Kieler Heimatrevier in der Klasse Europameisterinnen. 2020 gewannen sie erneut den EM-Titel auf dem Attersee in Österreich – kurz nachdem sie sich im Rahmen der Kieler Woche das Olympia-Ticket gesichert hatten.
Die Spiele in Tokio waren der dritte Olympia-Anlauf des süd-norddeutschen Duos. Nach zwei gescheiterten Qualifikationen für London 2012 und Rio 2016 wagten Lutz/Beucke den dritten Versuch. Nach einer kompletten Umorientierung des Teams und einem Trainerwechsel gelang den beiden schließlich der Durchbruch: Bei den Olympischen Sommerspielen 2021 vor Tokio gewann das Duo die Silbermedaille im 49erFX und leistete damit einen großen Beitrag zum besten Ergebnis für den Deutschen Segler Verband bei Olympischen Spielen seit 21 Jahren. Und dort, wo sie sich einst kennengelernt hatten, beendeten sie 2022 nach der Kieler Woche ihre gemeinsame Karriere.
Heute lebt Sanni Beucke Hochseesegeln. Anforderungen und Aufwand sind groß. Seit zwei Jahren lebt und trainiert die Stranderin in Frankreich für ihren großen Traum. Am 21. August 2022 startete sie von Nantes aus zu ihrer ersten Einhandregatta, der Solitaire du Figaro, die sie in Saint-Nazaire erfolgreich beendete. Es folgte eine zweite Teilnahme an der Solitaire – die Platzierungen im hinteren Bereich genügten Beuckes Ansprüchen jedoch nicht.
Am 15. Januar 2023 startete das Ocean Race. In der IMOCA-Klasse waren fünf Boote dabei. An Bord des Teams Holcim-PRB auf der Etappe von den Kapverden nach Kapstadt: Susann Beucke. Das Schweizer Boot gewann sowohl diese zweite Etappe, wie zuvor auch schon das Auftakt-Teilstück.
Mit ihrer Kampagne „This Race is female“ will Beucke sich nun einen Platz in der Männer-Domaine Offshore-Segeln erkämpfen. Ihr großes Ziel: 2028 als erste deutsche Frau an der Vendée Globe, dem spektakulären Einhandrennen um die Welt, teilzunehmen.
So eine Kampagne muss natürlich finanziert werden. Dabei geht Beucke von einem Budget im zweistelligen Millionenbereich für den Kauf der Yacht, Liegeplatzgebühr, Reparaturen und Unterhalt aus. Dazu gilt es, neben „BayWa r.e.“ (erneuerbare Energie) einen Partnerpool aufzubauen. Darüber hinaus steht die Promotiontour für ihre frisch erschienene Autobiografie „Gegen den Wind – Mein Traum von den Weltmeeren“ an, die sie im März u.a. zum NRV, in den KYC und in die NDR-Talkshow führte.
Hier konnte die 32-Jährige als Teil einer illustren Gästeschar – Starpianist Lang Lang mit Ehefrau Gina Alice, Schauspielerin Jutta Speidel („Traumschiff“, „Um Himmels Willen“), Schauspielerin und Influencerin Julia „Beautx“ Willecke, Quizprofi und Autor Sebastian Klussmann, („Gefragt – Gejagt“) und Reality-Darsteller Fabio Knez – vor einem breiten Fernsehpublikum für den Segelsport im Allgemeinen sowie für den Frauen-Segelsport und für sich im Besonderen werben. Im Gespräch mit Barbara Schöneberger berichtete Sanni Beucke eindrucksvoll über ihre Leidenschaft für das Meer, aber auch über Ängste, Einsamkeit und Rückschläge. (hel)
Die NDR-Talkshow ist abrufbar in der ARD Mediathek