SVSH-Verbandstag: Naturschutz, Nachhaltigkeit und Nachwuchs
Ein Themen-Dreiklang aus Naturschutz, Nachhaltigkeit und Nachwuchs bestimmte den Auftakt des Verbandstages des Segler-Verbandes Schleswig-Holstein (SVSH) im Best Western Hotel in Neumünster. Souverän leitete Vorstandsmitglied Hans Köster, im SVSH zuständig für den Bereich Umweltfragen, durch die Auftaktveranstaltung.
Gemeinsam mit Magdalena Finke, Staatssekretärin im Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport des Landes Schleswig-Holstein, erläuterte er sachkundig den Aktionsplan Ostseeschutz 2030, der kurz vor dem Verbandstag im Landeskabinett beschlossen worden ist und die Pläne zum Nationalpark Ostsee ersetzen soll.
Vertrauen zwischen Politik und Segelsport
Es schien, als hätten Finke und Köster bei diesem Thema seit Beginn zusammen an einem Tampen gezogen. Doch Politik und Segelsport kamen aus verschiedenen Richtungen und hatten in langen Gesprächen und Verhandlungen (Kickoff im März 2023) erst Vertrauen aufbauen müssen, um schließlich gemeinsam die Ziellinie erfolgreich zu überqueren. Der Abbau von bürokratischen Hindernissen für die ehrenamtlich Tätigen, lokale Anpassungen, die dauerhafte Einbeziehung der Wassersportler und eine Verordnung bis zum Sommer stehen nun im nahen Zukunftsplan.
In der Woche vor dem Verbandstag war bekanntgegeben worden: Der Nationalpark Ostsee mit der Gesamtforderung, mindestens 30 Prozent der Wasserfläche auf dem Gebiet Schleswig-Holsteins unter strengen Schutz zu stellen, ist endgültig vom Tisch. An Stelle der ursprünglichen Pläne tritt der Aktionsplan Ostseeschutz 2030.
Der Plan umfasst insgesamt 16 Maßnahmen mit dem Ziel der Verbesserung des Ostseeschutzes. Insgesamt werden 12,5 Prozent und damit rund 39.000 Hektar der schleswig-holsteinischen Ostsee (Gesamtfläche: 315.000 Hektar) besonders geschützt. Ziel ist es, die avisierten Gebiete nach einer weiteren Beteiligung der Öffentlichkeit im Jahr 2026 auszuweisen.
Die jahreszeitlichen Befahrensregelungen (Verbote vom 1. November bis 31. März) und Ankerverbote in noch festzulegenden Gebieten von Seegraswiesen, die gekennzeichnet und in Seekarten eingetragen werden, sind Vorgaben, die auch zu den „zehn goldenen Regeln für das Verhalten von Wassersportlern in der Natur“ des Deutschen Segler-Verbandes gehören, der in Zusammenarbeit mit den Wassersportspitzenverbänden im Deutschen Sportbund und mit dem Deutschen Naturschutzring die Regeln erarbeitet wurde.
Breites Feld für Umweltschutzmaßnahmen
Magdalena Finke hatte bereits beim Jugendseglertreffen 2023 in Kiel und beim Hamburger Yachtfestival im vergangenen Jahr unterstrichen, dass ihr der Segelsport am Herzen liegt. In Neumünster zeigte die 37-jährige Volljuristin an der Ostseekarte die Naturschutzgebiete auf und versprach, dass der Wassersport auch in Zukunft bei weiteren Besprechungen mit am Tisch sitzen werde. Ziele seien, so Finke und Köster unisono, ein wissenschaftlicher Beirat, um begründete Schutzzwecke vorzulegen, ein Monitoring, Verhältnismäßigkeit und die lokale Einbindung. Dabei erläuterte Finke auch lokale Lösungen für muskelbetriebe Wassersportarten und Surfen in den Naturschutzgebieten.
Der Vizepräsident des Landessportverbandes, Thomas Liebsch-Dörschner, wies darauf hin, dass die freiwilligen Vereinbarungen eine Vielzahl an Aufgaben aus den verschiedensten Bereichen mit sich brächten und empfahl, Gebietsbetreuer einzusetzen. Der Ostsee würden Seen folgen. So liefen Vereinbarungen auf dem Ratzeburger See aus und würden neu verhandelt. Tourismus, Charter, SUP und viele weitere Bereiche spielten mit in das Gesamtthema hinein.
Mit dem Hinweis auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele von Umwelt- und Naturschutz über Gesundheit, Inklusion, Chancengleichheit und Bildung hin bis zur Stadtentwicklung verwies Liebsch-Dörschner auf die große Bandbreite der Entwicklungsziele, die sich hinter dem Übergriff Nachhaltigkeit verbergen. Auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit beschreibt bei den Leitprinzipien verschiedene Handlungsfelder: Sport in der Natur, nachhaltige Sportanlagen (im Segelsport sind das die Gewässer), nachhaltige Großveranstaltungen, Mobilität und Sportartikel.
Einen Ansatz beim Thema Antifouling bei der Unterwasserschiffreinigung beschrieb SVSH-Beiratssprecher Uwe Hanse aus Steinburg. Er empfahl das Dreikammersystem, um die Lasten der Beseitigung zu reduzieren. Informationen dazu gibt es bei der Hamburger Yachthafen Gemeinschaft (Tel. 04103-4438), die dieses System nutzt.
Eco-Opti und „360 Grad Nachhaltigkeit“
Konkrete Ansätze, Angebote und Lösungen zum Thema Nachhaltigkeit hatten Holger Ambroselli (Khulula) und Tobias Schadewaldt (Jade Yachting, Wilhelmshaven) im Gepäck.
Ambroselli hat sich gemeinsam mit Simon Licht dem Nachhaltigkeitsgedanken seit 2020 verschrieben. Das Ziel ihres Berlin-Brandenburger Start-ups Khulula: Den CO₂-Fußabdruck im Outdoorsport verringern! Das Unternehmen hat das erste recycelbare Serienboot der Welt entwickelt und überzeugte damit direkt auf allerhöchster Ebene: Mit dem Eco-Optimisten gehörten sie zu den Siegern des Deutschen Nachhaltigkeitspreises SPORT 2024 (DNP) – eine richtungweisende Auszeichnung für die Zukunft im Wassersport und darüber hinaus. Zu sehen waren die Optimisten im Sommer zur Travemünder Woche, wo sie bei den nachmittäglichen Showrennen, den Trave Races, vor Publikum im Rennmodus vorgestellt wurden.
Khulula ist eine Plattform für mehr Nachhaltigkeit im Outdoorsport, bei Produkten, aber auch in Form von Beratung bei Transformationsprozessen sowie dem Finden von Kooperationspartnern. „Wir betreiben 360 Grad Nachhaltigkeit in alle Richtungen. Und wir bieten mit unserem Eco Team Race die erste deutsche nachhaltige ‚grün‘ gelabelte Kampagne im Segelsport – dokumentierbar und transparent“, unterstrich Ambroselli in Neumünster. Termine und Orte
Der Eco Optimist ist zu 90 Prozent recycelbar und hat einen bis zu 70 Prozent geringeren CO₂ -Fußabdruck gegenüber herkömmlich produzierten Booten auf GFK-Basis.
Für den Bau der Eco-Optis konnte Khulula die Werft Jade-Yachting in Wilhelmshaven gewinnen. Geschäftsführer Tobias-Schadewaldt, leidenschaftlicher Regattasegler und mehrfacher Deutscher Meister, kann auf Siege bei der Kieler Woche, der Travemünder Woche und eine Teilnahme an den Olympischen Spielen zurückblicken. Während dieser intensiven Segelzeit absolvierte Schadewaldt ein Fernstudium der Betriebswirtschaftslehre und erwarb anschließend einen MBA. Nach einer erfolgreichen Phase als Führungskraft bei der EWE AG widmet er sich nun neben seiner Tätigkeit bei Jade Yachting verschiedenen Aufgaben.
Mit Nachdruck warb Schadewaldt in Neumünster für Nachhaltigkeit im Schiffbau. Der frisch gebackene Vater segelt zur Zeit keine Regatten mehr. Neben der Werft in Wilhelmshaven und dem Engagement für die Nachhaltigkeit im Bootsbau bliebe keine Zeit mehr für Regatten und vor allem das Training dafür, so Schadewaldt, der mit voller Überzeugung hinter dem Khulula-Konzept steht: „Wir kommen um den Öko-Opti und einen besseren CO₂ -Fußabdruck nicht herum.“
Einige Schritte seien bereits erfolgreich gegangen worden. Der Prototyp ist gebaut, der Segelspaß gegeben und von vielen Kindern bestätigt. Die neuen Modelle sind regattafähig und entsprechen den internationalen Regattaregeln. Jetzt gelte es, viele Boote auf den Markt zu bringen, um Felder zusammenzubringen. Mit dem DNP-Sportpreis in der Tasche dürften die nächsten Schritte Rückenwind bekommen haben.
Mit 5.500 Euro + Rigg und Segel steht der Preis. Dazu gibt es in verschiedenen Bundesländern wie in Schleswig-Holstein bis zu 50 Prozent Fördermittel. Aber nur so lange, wie es als nachhaltige Innovation gilt. Der erste Opti in Schleswig-Holstein geht nach Ratzeburg.
„Natürlich glauben viele Eltern, ihr Kinder müssten Weltmeister werden. Dafür stehen andere Optis mit dem entsprechenden Namen“, waren Schadewaldt und Ambroselli für einen Verkaufsauftritt extrem offen und ehrlich – propagieren sie doch, dass Nachhaltigkeitsargumente mittlerweile wichtiger sein sollten als Siege.
Zertifizierung als Ziel der Zukunft
Neben ökologischen Aspekten nahm Ambroselli in diesem Zusammenhang auch das Thema Zertifizierung auf. Die Vorteile der Zertifizierung seien vielschichtig: Man könne mit der Transformation Gutes tun, den CO₂-Fußabdruck verringern und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, die Vereine würden neue Ehrenamtliche gewinnen, und zudem müssten Sponsoren (ab 350 Beschäftigten) mittelfristig Nachhaltigkeit beim Sponsoringengagement nachweisen. Sail GP sei bereits zertifiziert – ebenso wie Fußball-Bundesligisten. Dort werde es in zwei Jahren ohne Zertifizierung keine Lizenz mehr geben, so Ambroselli. Im deutschen Segelsport seien der VSaW in Berlin (denkmal-geschütztes Vereinsheim, Hafen, Werft, Spitzensport) und die Travemünder Woche (Volksfest und Sportgroßereignis) Vorreiter. Hans Köster nahm den Gedanken für den SVSH auf. Gerne würde er mit einigen Vereinen und Kreisverbänden erste Workshops zu dem Thema anbieten. Wir werden berichten. (hel)