Zum LYC-Jubiläum auf große Fahrt
Noch ist die „MEU“, die Schulungsyacht des Lübecker Yacht-Club (LYC), in ihrem Stammrevier der Ostsee unterwegs. Doch der Countdown für die große Reise hat bereits begonnen. Im 125. Jahr des LYC geht die Clubyacht auf eine Reise, die bisher einmalig ist in der Clubgeschichte. Anfang August startet die Crew an der Überseebrücke 2 in Travemünde unter Skipperin Clara Weimer zu einer 60-wöchigen Tour, die die LYC-Segler rund um Westeuropa, auf die Kanaren, die Kapverden, in die Karibik, zu den Bermudas, den Azoren und zurück nach Europa führen soll.
Mit dem offiziellen Ablegen am 5. August um 14 Uhr liegen 15.000 Seemeilen vor den Mannschaften, die in wechselnden Besetzungen die insgesamt 36 Etappen bis zum Oktober 2024 segeln werden. Der Chor Möwenschiet wird singen und ein Korso von Yachten wird die „MEU“ in die Lübecker Bucht begleiten – zum Start einer Reise, während der die Fäden bei Clara Weimer zusammenlaufen. Die Schiffsmechanikerin und studierte Nautikerin wird auf den meisten Reisen selbst an Bord sein, und sie hat das Projekt im vergangenen Jahr initiiert.
80 Crewmitglieder werden auf dem Atlantik-Törn dabei sein
„Als Nautikerin will ich künftig weiter zur See fahren. Aber zwischen dem Studium und dem Berufseinstieg wollte ich noch einmal eine Auszeit auf dem Meer einlegen“, berichtet die 26-Jährige. „Der Wunsch war umso stärker, da das Studium durch Corona ganz anders gelaufen ist, als ich es mir vorgestellt habe.“ Die Idee, den eigenen Wunsch mit einem Langtörn für die LYC-Mitglieder zu verbinden, war schnell geboren. Und in Kooperation mit dem „MEU“-Verantwortlichen, Dr. Oliver Harnack, wurde ein Konzept für eine Nordatlantik-Reise entworfen.
Dabei ging es nicht nur darum, eine Route zu planen, sondern vielmehr, die Yacht vom Typ Comfortina 38 auf seine Hochseetauglichkeit zu überprüfen, einen Plan für die notwendigen Refit-Maßnahmen aufzustellen, das Budget sicherzustellen – inklusive Sponsoring, Crews für die Etappen zu finden und schließlich ungezählte Stunden an der Yacht zu arbeiten, um alles fit zu machen.
„Im November hat der Vorstand für das Projekt grünes Licht gegeben, und dann gab es kein Zurück mehr“, erzählt Clara Weimer. Doch Hürden mussten noch einige genommen werden. Ein mittlerer fünfstelliger Betrag wurde in das Boot investiert – dabei stammen je ein Drittel aus Geld- und Sachspenden sowie aus den Anzahlungen der Crewmitglieder für die Fahrten. Und die Refit-Arbeiten hielten ein paar Überraschungen parat. Das Laminat des Ruders hatte im Laufe der Jahre Wasser gezogen, galt als irreparabel. Dann aber fand die Werft in Schleswig doch noch einen Weg, das Ruder zu reparieren und die Stabilität wieder herzustellen. Am Mast waren einige Arbeiten nötig, um das korrodierte Vorstag zu erneuern, Bolzen an den Salingen und Rollen am Achterstag zu ersetzen. Im Rumpf wurde Schotten neu verklebt; Ankergeschirr, Baum und Segelgarderobe wurden erneuert. Tauwerk, Reling und Motor bekamen eine Frischzellenkur, und die gesamte Sicherheitsausrüstung für Schiff und Segler wurde auf den neusten Stand gebracht.
Mit etwas Verzögerung im Mai ging die „MEU“ dann ins Wasser, gerade rechtzeitig, um zu Pfingsten an der „Brassfahrt“ teilzunehmen. „Das war eine gute Gelegenheit, um alles zu überprüfen“, so Clara Weimer. Im Juni nahm die Clubyacht dann am Midsummer-Sail, der längsten Regatta der Ostsee, teil und befindet sich nun in einem Kettentörn mit verschiedenen Crews auf dem Rückweg nach Travemünde. „Nach der Rückkehr haben wir noch ein paar Tage Zeit, um eventuell anfallende Arbeiten zu erledigen. Und dann geht es auch schon los.“ Am Vorabend der Abfahrt und am Morgen soll intern im Club gefeiert werden, bevor es dann mit Musik und großer Begleitung auf die erste Etappe geht.
Neben Clara Weimer werden Jasper Grube (27 Jahre), Lukas Bönisch (27) und Rebecca Cronenberg (23) auf dem Törn von Travemünde über Helgoland, die friesischen Inseln und das Ijseelmeer nach Scheveningen an Bord sein. „Damit sind wir eine relativ junge Mannschaft, im weiteren Verlauf der Reise haben wir eine sehr große Alters-Durchmischung der Crews. Zwischen vier und sechs Männern und Frauen segeln jeweils die Etappen. Es werden insgesamt 80 verschiedene Crewmitglieder mitsegeln, darunter auch einige, die nicht Mitglied im LYC sind.“
Trotz bester Vorbereitung weiß Clara Weimer, dass solch eine lange Reise auch immer viele Unbekannte parat hat: „Ich bin schon etwa 15.000 bis 20.000 Seemeilen auf Yachten, unter anderem 2016 nach dem Abi bei einem Atlantiktörn von Rio auf die Azoren gesegelt. Ich fühle mich gut vorbereitet, habe aber auch einen gesunden Respekt. Der Ärmelkanal mit seinen starken Gezeitenströmungen wird eine navigatorische Herausforderung. Dann hoffen wir, dass wir ein ruhiges Wetterfenster für die Passage der Biskaya finden, und es ist schwer, die Orca-Angriffe auf Yachten an der portugiesischen Küste einzuschätzen.“ Doch die Terminierung ist so gewählt, dass sich die Killer-Wale dann eigentlich in andere Reviere verzogen haben sollten. Und auch der Sprung über den Atlantik folgt im Dezember den Erfahrungen für das sicherste Überfahrt. Rechtzeitig vor dem Start der Hurrikan-Saison im Juni 2024 wird die „MEU“ dann schon wieder auf dem Weg in Richtung Azoren sein, um im Juli wieder Spanien zu erreichen und sich von dort auf die Heimreise Richtung Travemünde zu machen.
Clara Weimer: „Ich kann gar nicht sagen, auf was ich mich am meisten freue. Es sind so viele Ziele und spannende Seereviere. Das hat alles seinen Reiz.“
Wichtige Etappenpunkte:
- 5. August 2023: Ablegen in Travemünde
- November 2023: Kanaren
- 16. Dezember 2023: Start zur Atlantiküberquerung von den Kapverden nach Barbados
- Januar bis Mai 2024: Karibik
- 18. Mai 2024: Start zur Atlantiküberquerung von Bermudas zu den Azoren
- 6. Juli 2024: Etappe von den Azoren nach Spanien
- Anfang Oktober 2024: Etappe von Kiel nach Travemünde
Technische Daten der „MEU“:
- Typ: Comfortina 38
- Baujahr: 1993
- Länge: 11,75 m
- Breite: 3,50 m
- Tiefgang: 1,95 m
- Segelfläche: 85 qm
- Kojenzahl: 6-7